Digitalen Signaturen kann man sich aus sehr unterschiedlichen Richtungen nähern. Je nach Beruf und Berufung sind sie einem Arbeitsmittel, Arbeitsgegenstand, Ärgernis, notwendig, unbekannt oder unzulänglich. In dieser Arbeit will ich mich verschiedener Perspektiven annehmen und ihre Argumentation prüfen.
Ohne den Wesensgehalt des Begriffes Informationsgesellschaft näher untersuchen zu wollen, kann man feststellen, daß wir auf dem Wege dahin sind. Computer und Medien dringen immer stärker in unser Leben ein und wir wenden uns ihnen immer mehr zu. Bisher selbstverständliche Tätigkeiten erfordern ein neues Verständnis, wenn sie mit Hilfe eines Computers verrichtet werden.
Diese Diplomarbeit entsteht am Computer. Sie hat mit einem Buch wenig gemein, obschon sie im wesentlichen aus Text und Bildern besteht. Könnte man ihre Erscheinungsform genauer untersuchen, so würde man letzten Endes auf elektrische Ladungen und Magnetfelder stoßen, die Zeichen repräsentieren. Dafür hat sich inzwischen der Begriff des elektronischen Dokumentes herausgebildet.
Der wichtigste Unterschied zwischen einem elektronischen Werk und einem nichtelektronischen ist in der Originalität des letzteren zu sehen: Von einem elektronischen Werk kann es beliebig viele identische Kopien geben, nicht von einem nichtelektronischen Werk! Ein nichtelektronisches Werk existiert immer als Original und seine Kopien sind Kopien. Wenn ich von diesem Text eine Kopie mache, den Text lösche und anschließend die Kopie zurückkopiere, hat sich (hoffentlich) nicht ein Bit am Text geändert. Was ist dann Original, was Kopie?
Diese besondere Qualität elektronischer Dokumente, ihre identische Reproduzierbarkeit, nutze ich gezielt aus, indem ich mir alle paar Minuten Kopien aller Dateien, die zur Diplomarbeit gehören, auf die Wechselplatte schreiben lasse. So füge ich meinen Dokumenten hoffentlich eine weitere Eigenschaft hinzu, die Dauerhaftigkeit. Sollte meine Festplatte kaputt gehen, stünde ich sonst schlecht dar. Mit Papier wäre ich nicht so vorsichtig, da meine Erfahrung sagt, daß das, was darauf geschrieben steht, sicher ist. (Ich rechne nicht mit Feuer oder Hochwasser.)
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Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. |
Am Beispiel meiner Diplomarbeit habe ich eben zwei wichtige Eigenschaften herausgearbeitet, die nichtelektronische Dokumente haben und elektronische nicht (so ohne weiteres):
Mit der Originalität nahe verwandt ist die Authentizität. Oft wird beides gleichgesetzt. Für Gemälde und Manuskripte läßt sich wohl auch kaum ein Unterschied ausmachen. Wie eben schon dargestellt wurde, ist der Begriff der Originalität auf elektronische Dokumente kaum sinnvoll anzuwenden. So gewinnt die Authentizität an Bedeutung: Wir wollen wissen, von wem ein Dokument stammt und wann es entstanden ist. Da die Dauerhaftigkeit nur auf dem Wege der Vervielfältigung erreichbar ist, muß eine sichere Authentifizierung aller Kopien garantiert werden.
Eine wichtige Eigenschaften fehlt bei unserer Betrachtung noch. Bei Dokumenten mit besonderer Bedeutung muß die Unverfälschtheit garantiert sein. Meine Diplomarbeit darf ich auch nicht nachträglich ändern. Deshalb liefere ich zu einem bestimmten Termin in der Universität ab und habe anschließend keine unmittelbare Gewalt mehr über sie. In der Uni wird sie registriert und ich bestätige mit meiner Unterschrift, daß es sich um mein Werk handelt. Wir halten als dritte Eigenschaft fest, die auf elektronische Dokumente übertragen werden muß:
Bei einer besonderen Sorte von Dokumenten kommt eine weitere Forderung hinzu. Wenn wir Verträge abschließen, verlangt unser Geschäftspartner fast immer eine Unterschrift. Er sichert sich damit ab, da eine eigenhändige Unterschrift beweiskräftig ist. Die Beweiskraft ist gegeben, da die Fälschung einer Unterschrift mit entsprechendem Aufwand feststellbar ist. Gute Fälschungen lassen sich zwar nur mit sehr hohem Aufwand erkennen, aber sie sind erkennbar. Elektronischen Dokumenten, die Verträge festhalten sollen, müssen wir also ein Pendant zur Unterschrift mitgeben, wenn die gleiche Beweisqualität, wie bei einem papiernen Dokument gewährleistet sein muß. Als Eigenschaft können wir die
in unseren Forderungskatalog aufnehmen.
Die vier herausgearbeiteten Eigenschaften weisen elektronische Dokumente per se nicht auf. Man hat jedoch eine Methode entwickelt, diese Eigenschaften den Dokumenten hinzuzufügen, die ` digitale Signatur'.
Einschränkungen gibt es allerdings bei der Dauerhaftigkeit. Diese muß durch die Wahl des Speichermediums hergestellt werden. Eine digitale Signatur kann nur die Dauerhaftigkeit der anderen Eigenschaften (Authentizität, Unverfälschtheit, Identifizierbarkeit) in Bezug auf das Dokument sicherstellen. Die Dauerhaftigkeit des Dokumentes selbst muß mit einer geeignete Strategie in Form von Kopien vorgenommen realisiert werden.